Newsletter November 2024
Hallo ihr Lieben,
schön, dass ihr hier seid! Es ist November…für mich die Zeit, in der ich auf jeden Fall immer einen warmen Tee mit zur Schule nehme und in der viele Kollegen schon in Weihnachtsstress verfallen. Dann erinnere ich mich daran, was das Wichtigste für die Kinder ist. Ihnen kommt es nicht auf die perfekte Weihnachtsdeko im Klassenraum an, ihnen ist es egal, ob du den Adventskalender selbst bastelst oder ob du den aus dem letzten Jahr benutzt. Es ist den Kindern auch egal, ob du die Weihnachtswerkstatt farbig oder schwarz-weiß ausdruckst.
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In diesem Newsletter erfährst du…
…welches Buch mich im letzten Monat inspiriert hat,
…warum wir bei “alternativen” Schulmodellen genauer hinschauen sollten und
…was unser größter Antreiber im Lehrberuf ist.
We teach too abstractly too early!
Eigentlich komme ich nicht viel dazu zu lesen, aber besonders in Vorbereitung auf meine Projekte greife ich doch zum einen oder anderen Buch. Als nächstes Projekt habe ich das Thema Klima im Blick und in diesem Zusammenhang das Buch “Beyond Ecophobia” (David Sobel) gegriffen, das ich letztes Jahr schon einmal gelesen habe. Damals hat mich gestört, dass das Buch viele Probleme aufzeigt, aber nur wenige Lösungen präsentiert. Heute begebe ich mich mit der Entwicklung eines Projektes einfach selbst auf Lösungssuche.
Aktuell gehen wir davon aus, dass wir unsere Kinder schon früh mit den Problemen unserer (Um)welt konfrontieren sollten, damit sie früh ein Bewusstsein für den Schutz unserer Erde entwickeln. In unserer Vorstellung beginnen sie schon als Kinder, ihren Müll zu trennen, Dinge zu reparieren, statt wegzuwerfen, und ihre Eltern zu motivieren, auf das Auto zu verzichten. Und später wählen sie klimafreundliche Parteien und investieren in erneuerbare Energien. Die Forscher aus “Beyond Ecophobia” befürchten allerdings, dass unsere Bemühungen das Gegenteil bewirken.
#1 Den Kindern fehlt es heute an einem echten Naturbezug. Sie haben noch nicht einmal zum Wald um die Ecke eine emotionale Verbindung, weil sie kaum mehr Zeit in der Natur verbringen. Dies ist allerdings die Voraussetzung für das Entstehen von Empathie. Erzählen wir ihnen dann vom Artensterben im Regenwald oder dem Schmelzen der Pole, wird es noch abstrakter. Sie können mit diesen Dingen nichts anfangen.
#2 Konfrontiert man Menschen mit Dingen, die sie emotional und kognitiv überfordern, führt es meistens dazu, dass sie sich als Schutz emotional davon distanzieren. Die Forscher sprechen von der gleichen Form von dissociation, wie wenn man Kinder mit Gewalt oder Krieg konfrontiert.
“Children learn distancing techniques, ways to cut themselves off from the pain. (…) My fear is that our environmentally correct curriculum will end up distancing children from, rather than connecting them with, the natural world.” (Beyond Ecophobia, S. 5)
Was ist also die Lösung? Ich mache es kurz: Raus in die Natur! Es ist so wichtig, dass die Kinder eine Verbindung zur Natur herstellen und sich mit ihr verbinden. Dass sie lernen, sie natürlich zu fühlen und zu lieben, bevor man sie darum bittet, ihre Wunden zu heilen.
Auch wenn man sich fragt, woher denn die heutigen Umweltaktivisten ihre Werte und Überzeugungen her haben, kommt man zum gleichen Schluss. Sie haben selbst viele Stunden in der Natur verbracht und möglicherweise hatten sie ein Vorbild, das ihnen Respekt gegenüber der Natur vorgelebt hat.
Genaues Hinschauen ist gefragt!
Im letzten Monat haben wir viele Schulen besucht. Aus Interesse natürlich, und einfach, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, was es für Schulmodelle bereits gibt. Von einer Schule möchte ich euch gerne kurz erzählen. Vielleicht habt ihr schon von der Green School gehört. Es gibt 3 dieser Schulen auf der Welt: Bali, Neuseeland und Südafrika. Für mich ein Vorbild, bis ich selbst an der Green School in Südafrika gewesen bin.
Die Schule glänzt mit einem atemberaubenden Campus. Eine große Farm…auf der jede Klasse ein eigenes kleines Häuschen hat. Um die Klassenhäuser findet man Natur pur, schöne Spielanlagen, Gemüsebeete, Hühnerstall usw. Bei unserer Besichtigung legte eine der Gründerinnen zunächst großen Wert darauf, uns zu erklären, dass die ganze Schule selbstversorgend ist, wie sie Wasser und Sonnenenergie nutzen, um die Schule zu versorgen, und wie die Architektur der gesamten Schulanlage im Einklang mit der Natur ist. Uns war schnell klar, dass hier großen Wert auf die Außenwirkung gelegt wird.
Aber was ist mit den Kindern? Hier lernen die Kinder anhand von lebensnahen Projekten ohne starres Curriculum, heißt es auf der Webseite. Ist das wirklich so?
Ich habe die Führung genutzt, um wirklich in den Schulalltag und die Philosophie einzudringen, bis ich das Gefühl hatte, dass meine offenen und direkten Fragen hier nicht gewünscht sind. Ich hakte zum Beispiel nach, wieso in altershomogenen Klassen gelernt wird. Meiner Meinung nach ist es gerade im offenen, projektorientierten Unterricht wertvoll, dass Kinder unterschiedlichen Alters gemeinsam lernen. An der Antwort merkte ich, dass man sich noch nie mit dieser Art von Öffnung beschäftigt hat.
Ich fragte auch, wie viele Kinder mit Beeinträchtigungen es an der Schule gibt und ob man darauf speziell vorbereitet ist. (Ich sah nämlich nur weiße, gutbürgerliche, gesunde Kinder auf unserer Tour). Eine der Lehrerinnen antwortete, dass es strenge Aufnahmeverfahren gibt und “solche” Kinder nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Platz bekommen. Für mich heißt, dass sich die Schule die Kinder aussucht, die ins Image passen…
Als andere Eltern nach Noten, dem Abitur und der Aufnahme an Universitäten fragten, merkte man sehr deutlich, dass auch diese Schule einen rein akademischen Weg verfolgt, bei dem wir die Kinder durch die Schule auf einen “bestimmten Weg bringen” wollen. Die auf der Webseite beschriebenen Stichworte “curiosity, creativity and innovation” wurden in dieser Konversation ersetzt durch Leistung, Konkurrenz und Disziplin.
Zunächst war ich natürlich enttäuscht. Aber es ist auch ein Motivator, dass ich es wirklich anders machen möchte.
Die strahlenden Kinderaugen
Warum tun wir das Ganze? Warum werfen wir in besonders schwierigen Zeiten nicht einfach das Handtuch? Warum hören wir in Studium und Referendariat nicht auf die vielen Warnungen und ergreifen einen anderen Beruf? Warum machen wir weiter, auch wenn das Schulsystem es uns so schwer macht??
Weil wir einen sehr großen und besonders wichtigen Antreiber haben: Die Kinder! Keine Sache auf der Welt ist kraftvoller als strahlende Kinderaugen. Wenn wir den Kindern dieses Strahlen in die Augen zaubern können, vergessen wir alle Herausforderungen um uns herum.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns jeden Tag dessen bewusst sind! Wir tun dies nur für die Kinder. Gibt es eine Seite im Buch, wo wir schon vorher sehen, dass sich die Kinder dabei durchquälen müssen, dann lass sie weg. Erspare dir selbst und den Kindern eine Stunde voller Frustration. Überlege stattdessen, ob das Thema überhaupt sein muss, bzw. ob man das Thema auch anders unterrichten kann. So mache ich es mit allen Sachen, die mir nicht kindgerecht erscheinen. Ich sehe meine Aufgabe nicht darin, die Kinder mit möglichst viel Wissen zu füllen. Gerade neulich habe ich einer Berufseinsteigerin gesagt:
“Alles, was du den Kindern ohne Freude und womöglich unter Zeitdruck beibringen willst, werden sie sowieso wieder vergessen. Also kannst du es auch direkt weglassen und etwas Schönes mit den Kindern machen, an das sie sich noch jahrelang erinnern werden.”
Und André Sterns Gitarrenbau-Meister sagte passend dazu im Film Alphabet: “Ich kann dir alles zeigen, nur beibringen kann ich dir nichts.”
In diesem Sinne wünsche ich dir einen wundervollen Endspurt bis Weihnachten und ich hoffe, dass du jeden Tag in viele strahlende Kinderaugen blicken kannst!
Deine Tatiana
P.S. Ich freue mich über dein Feedback oder Fragen per E-Mail. Hast du bereits Unterrichtsmaterial von mir gekauft und im Unterricht eingesetzt? Dann bewerte es gerne auf Eduki!
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- Kennst du schon mein neues Projekt zum Thema Globalisierung für die Klassen 5 und 6? Gerade um die Weihnachtszeit, in viele von uns in den Konsum verfallen, ist das Projekt Globalisierung | Woher kommen unsere Sachen? ein sehr passendes Thema.
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