Reflexion in der Grundschule: Hilfsmittel, Techniken und Unterrichtsmaterial
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Einleitung
Häufig beschäftigen wir uns in der Schule nur mit konkreten Lösungen und Ergebnissen. Aber diese sind nur ein winzig kleiner Ausschnitt des Lernprozesses. Aber welche Rolle spielt die Reflexion dabei?
Stell dir vor, du kannst deinen Schülern beim Denken und Lernen zusehen.
Stell dir vor, du kannst genau nachvollziehen, was in ihren Köpfen vorgeht.
Stell dir vor, du kannst wirklich verstehen, wie der Lernprozess bei jedem einzelnen Kind abläuft.
Das klingt nach dem Schlüssel zu einem individuellen, bedürfnisorientierten Unterricht, bei dem du
- die Lernvoraussetzungen deiner Schüler besser berücksichtigen,
- Hilfen individueller einbauen und
- ihnen mehr Freiraum geben kannst.
Reflexionen haben das Potential, dieser Schlüssel zu deinen Schülern zu sein, wenn du weißt, wie du sie am besten einsetzt. Wie du das konkret machst, zeige ich dir in diesem Beitrag.
Was bedeutet “Reflexion”?
Im bildungssprachlichen Kontext bezeichnet eine Reflexion das Nachdenken, das Denken, eine Betrachtung oder Erwägung. Im Schulkontext und für diesen Beitrag spreche ich von einer Reflexion als “Nachdenken über den eigenen Lernprozess”.
Wir erwarten von unseren Schülern also, dass sie ihr Lernen noch einmal genau betrachten und gegebenenfalls Schlüsse daraus ziehen. Das kann in Bezug auf eine Unterrichtsstunde oder eine gerechnete Aufgabe geschehen. Das kann alleine (schriftlich) gemacht werden oder im Gespräch mit der Lerngruppe.
Als Lehrperson müssen wir uns entsprechend vorher genau überlegen, was wir mit der Reflexion erreichen wollen. Für die Kinder und/oder als Feedback für die Lehrperson selbst. Außerdem solltest du die Reflexionsmethode passend zur Klasse wählen.
Über verschiedene Methoden und Anlässe für Reflexionen erfährst du später mehr. Aber warum sollten wir überhaupt mit unseren Schülern reflektieren?
Welche praktische Relevanz haben Reflexionen in der Grundschule?
Je nach Reflexionsmethode oder Reflexionsfrage können Reflexionen einen ganz unterschiedlichen Zweck erfüllen. Sie können entweder der Lehrperson zur Weiterentwicklung des eigenen Unterrichts dienen oder den Schülern selbst im Sinne der Entwicklung des eigenen Lernprozesses. Schauen wir uns einmal drei unterschiedliche Zwecke an:
Ich möchte meine Schüler besser verstehen…
…um individuell auf ihre Bedürfnisse und Lernprozesse eingehen zu können!
Mit Hilfe von Reflexionen kannst du erkennen, welche Schwierigkeiten die Kinder mit dem Unterrichtsthema haben und was bisher gut klappt. So kannst du für weitere Stunden Hilfen und Wiederholungen einplanen. Hatten die Kinder große Schwierigkeiten mit dem Sachtext über Wolkenformen, kannst du für die kommende Stunde eine Betrachtung von Wolken am realen Himmel einbauen, Bilder in den Sachtext einfügen oder eine Audio-Version des Textes zur Verfügung stellen. Vielleicht stellst du auch fest, dass die Kinder kaum motiviert waren und findest durch eine Reflexion Erklärungen dafür.
Wenn zum Beispiel auf die Frage “Was hast du heute gelernt?” kaum Antworten kommen, kannst du daraus schließen, dass die Schüler keinen Sinn oder Lernzuwachs für sich gespürt haben.
Ich möchte eine Rückmeldung zu meinem Unterricht erhalten!
Bist du gerade dabei eine neue Methode einzuführen oder möchtest du den Kindern die Möglichkeit bieten, vermehrt in Gruppen zu arbeiten? Die Etablierung neuer Methoden oder Sozialformen braucht Zeit und auf dem Weg müssen immer wieder Anpassungen vorgenommen werden. Durch die Rückmeldung der Kinder erfährst du, was bereits gut klappt und was nicht.
Vielleicht stellst du fest, dass es bei der Gruppenarbeit viele Unstimmigkeiten gab. Beim nächsten Mal kannst du deine Gruppenarbeit zum Beispiel mit Moderationskärtchen besser strukturieren oder kleinere Gruppen einteilen.
Vielleicht stellst du fest, dass es den Kindern während der Gruppenarbeit zu laut war. Beim nächsten Mal kannst du beispielsweise die Gruppen besser verteilen (über den Flur oder in einem weiteren Raum) oder draußen arbeiten.
Ich möchte, dass meine Schüler ihren eigenen Lernprozess reflektieren!
Deine Schüler sollen zunehmend eigenverantwortlich lernen, aber sie verlassen sich noch immer sehr darauf, dass du ihnen Vorgaben machst? Durch die Reflexion des eigenen Lernprozesses können die Kinder auf dem Weg zu einem selbstgesteuerten Lernen unterstützt werden. In Form von Reflexionen können dann Probleme selbst erkannt und Zwischenschritte festgehalten werden. Die Schüler können in offenen Unterrichtssituationen mit Fragen, wie “Was habe ich gelernt?” oder “Was brauche ich jetzt?” ihren Lernprozess planen. Beim Forschenden Lernen kann diese Form der Reflexion in Form von Forschertagebüchern umgesetzt werden.
Herausforderungen und Chancen der Reflexion
Wenn du dich nicht wirklich auf das Reflektieren einlässt und dir nicht eingestehst, dass Reflexionen geübt werden müssen und Zeit brauchen, dann kommen dir solche Schüleräußerungen sicherlich bekannt vor:
Leider nützt das weder den Kindern noch dir etwas. Du kannst es also als Zeitvertreib verbuchen, aber nicht als Reflexion.
Reflektieren ist anspruchsvoll. Reflexion bedeutet manchmal, das Unbewusste hervorzuholen und in Worte zu fassen. Als ich damals begonnen habe, mit meinen Erstklässlern über Rechenwege zu sprechen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie schwer das ist. Das Rechnen läuft mehr oder weniger automatisch ab und nun fragt jemand “Wie hast du das gerechnet?” oder “Was ist in deinem Kopf passiert, damit du auf das Ergebnis gekommen bist?”. Dieses Bewusstsein braucht einige Zeit und Übung. Und wie mit allen Dingen fällt es manchen Menschen leichter als anderen.
Um zu vermeiden, dass Reflexionen an der Oberfläche bleiben und lediglich einen groben Gesamteindruck wiedergeben, solltest du dich zunächst fragen, was es überhaupt zu reflektieren gibt. Manche Lehrer ritualisieren am Ende jeder Stunde eine kurze Reflexion, aber das kann kaum über ein “Wie hat euch die Stunde gefallen?” hinausgehen und ist damit – aus meiner Sicht – keine Reflexion. Mache dir bewusst, dass sich für manche Stunden eine Reflexion anbietet, für andere aber nicht.
Haben deine Schüler Lernwörter von der Tafel abgeschrieben und anschließend Sätze dazu formuliert, muss die Stunde nicht unbedingt mit einer Reflexion abgeschlossen werden. Du hast während der Stunde sicherlich gemerkt, welche Kinder besonders Hilfe benötigt haben und ihnen entsprechend Unterstützung angeboten. Du könntest die Stunde mit einem Museumsrundgang beenden, bei dem die Kinder ihre Sätze zeigen können.
Haben deine Schüler aus einem Text eigene Lernwörter herausgesucht, schwierige Stellen markiert und in ihre Lernkartei eingetragen, kann eine Reflexion durchaus sinnvoll sein. “Wie hast du entschieden, welche Wörter deine Lernwörter sind?” oder “Woran kannst du schwierige Stellen erkennen?” sind nur zwei Beispiele, die du in einem solchen Fall einsetzen kannst.
Darüber hinaus habe ich die Erfahrung gemacht, dass Reflexionen auch im Zusammenhang mit sozialen Fähigkeiten anspruchsvoll sind. Die Kinder (und die Lehrperson) müssen den anderen gut zuhören, es muss genug Zeit und Raum geben, damit jedes Kind auch zu Wort kommen kann. Außerdem setzt eine Reflexion in Gruppen oder im Plenum ein gutes Klassenklima voraus. Die Kinder müssen sich sicher fühlen, in der Klasse über Herausforderungen oder Gefühle wie Stolz, Frust oder Angst zu sprechen. Besonders in Klassen, in denen alle Beteiligten respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen, sprechen die Kinder offen über ihren Lernprozess.
Wenn du es also schaffst, dass Reflexionen nicht länger oberflächlich bleiben und die Schüler wirklich auf die Metaebene eintauchen, dann kannst du von den vielen Vorteilen profitieren. Du kannst auf die Lernvoraussetzungen und Bedürfnisse deiner Schüler tatsächlich besser eingehen, deinen eigenen Unterricht fortlaufend verbessern und weiterentwickeln und einen wichtigen Beitrag für ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Lernen deiner Schüler leisten.
Sprache als Vermittler
Eine besondere Bedeutung kommt der Sprache in Reflexionsprozessen zu. Durch die Sprache geben wir unsere Gedanken zum Lernprozess zum Ausdruck. Wir sprechen über unsere Gefühle und unsere Herausforderungen. Dies ist besonders für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sehr schwer. Denn Emotionen können wir alle am besten in unserer Muttersprache ausdrücken (wenn überhaupt!).
Sei dir dessen bewusst und greife besonders für diese Kinder auf Hilfsmittel wie Bilder, Symbole oder Satzanfänge zurück. Außerdem solltest du nie verlangen, dass jedes Kind etwas sagen muss!
Wann kann ich mit Reflexionen beginnen?
Beginne schon in der ersten Klasse damit, regelmäßig den eigenen Lernfortschritt mit den Kindern zu reflektieren. Es ist wichtig, dass sie von Beginn an lernen, sich selbst einzuschätzen. Durch die Bewertungen in der Schule und durch Lob und Kritik passiert es häufig, dass Kinder ihren Selbstwert und ihre Motivation davon abhängig machen, was die Erwachsenen (Lehrer und Eltern) über sie sagen. Sie sind fast schon süchtig nach dem Lob der Eltern, erwarten nach jeder Aufgabe eine Rückmeldung der Lehrperson.
Wenn wir weniger loben und bewerten und die Kinder stattdessen dazu einladen, ihre Leistungen und ihre Stärken und Schwächen selbst zu erkennen, dann ermöglichen wir ihnen den Aufbau eines starken Selbstbewusstseins, das nicht von der Meinung anderer abhängig ist.
Welche Arten von Reflexionen gibt es?
Die für die Grundschule relevanten Reflexionen lassen sich in drei Arten einteilen.
- Reflexion auf methodisch-diaktischer Ebene
- Reflexion auf inhaltlicher Ebene
- Reflexion des Lernzuwachses
Alle Arten von Reflexionen lassen sich prinzipiell mit einem Partner, in einer Kleingruppe oder im Plenum (Sitzkreis, Kinositz) umsetzen. Besonders in schriftlicher Form können Schüler auch ganz alleine reflektieren.
Reflexion auf methodisch-didaktischer Ebene
Deine Lerngruppe reflektiert und tauscht sich über einen bestimmten Aspekt auf methodisch-didaktischer Ebene aus. Du kannst diese Erkenntnisse nutzen, um die Lernumgebung Stück für Stück zu verbessern und Anpassungen an die Lerngruppe vorzunehmen. Deine Schüler machen durch die Reflexion selbst Entdeckungen im Hinblick auf Methoden und Sozialformen und können Ziele in Bezug auf ihr eigenes Verhalten setzen.
Ich gebe dir zwei Beispiele:
Beispiel 1: Du möchtest die Unterrichtsmethode “Kugellager” in der Klasse etablieren.
Dir ist bewusst, dass es einige Zeit brauchen wird, bis sich die Schüler innerhalb der Methode selbst organisieren können. Du beschreibst in der ersten Stunde die Methode und bittest deine Schüler, sich selbst in zwei Kreisen aufzustellen. Dann macht ihr ein Kugellager zu einem Thema und anschließend eine Reflexion.
Mögliche Reflexionsfragen könnten sein:
Die Erkenntnisse aus der Reflexion kannst du dann einsetzen, um Ziele für das nächste Kugellager zu setzen.
Mögliche Erkenntnisse und Ziele könnten sein:
Es kommen nicht alle gleichzeitig in den Kreis, ihr bildet erst den kleinen Kreis oder wir gehen leise ins Kugellager und schubsen nicht. In einer kommenden Stunde erinnerst du an die Ziele und führst erneut ein Kugellager durch.
Auch hier gibt es wieder eine anschließende Reflexion:
Vielleicht haben einige Kinder gesagt, dass sie es während des Kugellagers zu laut fanden. Gemeinsam könnt ihr überlegen, wie man das verbessern kann, und wiederum neue Ziele setzen. Auch die positiven Aspekte aus der Reflexion sind wertvoll, weil die Kinder dadurch erkennen, wie weit sie als Klasse schon gekommen sind und darauf stolz sein können.
Beispiel 2: Die Aufräumphasen im Kunstunterricht sind immer sehr chaotisch.
Die Kinder sind am Ende der Kunststunde genervt und der Klassenraum ist überflutet. Ich empfehle dir nach jeder Kunststunde eine kleine Reflexion mit folgenden Fragen:
Durch die Reflexion erkennen deine Schüler meist selbst, wodurch die Unruhe entsteht. Sie sprechen aus, dass sie sich nicht wohl gefühlt haben:
Nun könnt ihr als Klasse gemeinsam überlegen, wie man die Aufräumphasen für alle angenehmer strukturieren kann und es für die nächste Kunststunde direkt umsetzen.
Reflexion auf inhaltlicher Ebene
Die Lerngruppe reflektiert und tauscht sich über ein bestimmtes Phänomen, ein Problem oder eine konkrete Aufgabe aus. Klassische Beispiele sind der Austausch in Form von Forscher- und Rechenkonferenzen. Diese Art der Reflexion kann aber überall dort eingesetzt werden, wo die Kinder ein Problem lösen, etwas selbst erforschen, Zusammenhängen herstellen oder eigene Schlüsse ziehen.
Ich gebe dir wieder zwei Beispiele:
Beispiel 1: In Mathematik bekommen die Kinder in Kleingruppen eine Aufgabe.
Sie machen sich alleine und in der Gruppe Gedanken, wie sie die Aufgabe rechnen würden und malen oder schreiben den Rechenweg. Am Ende der Stunde erfolgt eine Reflexion.
In Ergänzung dazu kannst du den Kindern noch einige Rechenwege zeigen und wieder darüber reflektieren:
Beispiel 2: In Deutsch untersuchen die Kinder Märchenmerkmale.
Sie kennen bereits Märchenmerkmale und wenden ihr Wissen nun im Zusammenhang mit neuen Märchen an. Am Ende der Stunde kann dieser Transfer reflektiert werden:
Reflexion des Lernzuwachses
Hierbei reflektieren deine Schüler ihren persönlichen Lernzuwachs. Es geht um Dinge wie eigene Fortschritte, Stärken und Schwächen und Zwischenziele. Dies hilft nicht nur den Kinder bei der realistischen Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und der Planung des eigenen Lernprozesses, sondern gibt auch für den Lehrer wertvolle Informationen zur Ergänzung der eigenen Sichtweise, die zu einer besseren Beurteilung der Lernsituation und individuellen Förderung beiträgt. Die regelmäßige Reflexion des Lernzuwachses wirkt sich direkt positiv auf Motivation, Selbstwertgefühl und damit auch auf die Leistung deiner Schüler aus.
In welchen Fächern kann ich reflektieren?
Reflexionen sind fächerunabhängig und können in allen Fächern angewandt werden. Inhaltliche Reflexionen sind unabhängig vom Fach dann sinnvoll, wenn die Kinder beispielsweise einen Transfer leisten, an einer Problemstellung arbeiten oder forschen.
Wann kann eine Reflexion stattfinden?
Reflexionen können zu den unterschiedlichsten Zeitpunkten und in den unterschiedlichsten Frequenzen stattfinden. Die gängigsten möchte ich dir einmal zeigen:
Reflexionen am Ende der Unterrichtsstunde
Als eine Unterrichtsphase am Ende der Unterrichtsstunde ist dies eine der gängigsten Formen von Reflexion. Je nachdem, welche Reflexions-Methode du nutzt, solltest du fünf bis 15 Minuten dafür einplanen.
Zwischen-Reflexion während der Unterrichtsstunde
Einige Zeit nachdem die Arbeitsphase begonnen hat, die Kinder sich auf das Thema eingestellt haben und vielleicht erste Fragen und Schwierigkeiten aufkommen, kannst du mit der Klasse eine Zwischenreflexion machen. Nutze beispielsweise ein akustisches Signal, wie einen Gong. Deine Schüler halten kurz inne und denken über Prozesse und Erkenntnisse nach.
Ich habe diese Form der Reflexion besonders häufig beim Forschenden Lernen, im Mathe- und Kunstunterricht genutzt. Im Kunstunterricht kannst du zum Beispiel vom “Museumsrundgang” Gebrauch machen. Lasse die Kinder durch die Klasse gehen und sprecht über Erkenntnisse:
Wochenreflexion
Eine Wochenreflexion als ritualisierten Wochenabschluss ist meiner Meinung nach ein Muss in der Grundschule. Es ist die beste Möglichkeit, die Kinder ihren Lernprozess selbst reflektieren zu lassen. Es ist ein großartiges Instrument zur Selbstreflexion und die Grundlage für offenen Unterricht.
Durch die Wochenreflexion realisieren die Kinder ihre Stärken und Schwächen und setzen Ziele für die kommende Woche. Diese Ziele sind die Basis für den Unterricht der kommenden Woche und eine Voraussetzung dafür, dass die Kinder ihr Lernen selbst steuern und selbstständig arbeiten können. Ich kombiniere die Wochenreflexion gerne mit einem Lernportfolio (Lerntagebuch), in das neben der wöchentlichen Reflexion auch besondere Lernprodukte aus den einzelnen Fächern eingeklebt werden können.
Reflexion am Schuljahresende
Ich bin davon überzeugt, dass Zeugnisse und Noten keinen positiven Nutzen für unsere Schüler haben. Aber eine Reflexion am Ende des Schuljahres über die eigenen Fortschritte und Meilensteine unterstützt die Kinder bei ihrer persönlichen Entwicklung. Gemeinsames Blättern durch das Lernpoltfolio, eine Stärkensonne oder Impulsfragen können Helfer bei dieser Art der Reflexion sein. Außerdem setzen die Kinder Ziele für das nächste Jahr. Deine Schüler werden spüren, dass es wirklich um sie geht, sie werden sich gesehen und akzeptiert fühlen.
Neben einer schriftlichen Reflexion, die jedes Kind für sich selbst vornimmt, kannst du das Schuljahr auch gemeinsam im Sitzkreis reflektieren. Lege dafür einige Gegenstände in den Kreis, mit denen die Kinder im Laufe des Schuljahres gearbeitet haben. Was fällt deinen Schülern dazu ein? Die Kinder äußern ihre Assoziationen direkt oder besprechen in einer Murmelphase mit dem Partner, was ihnen dazu einfällt. Nutze für die Reflexion verschiedene Impulse wie:
In meiner Klasse bekommen die Kinder ihre Zeugnisse übrigens nur in einem verschlossenen Umschlag. Zur Vorbereitung auf den Zeugnistag bemalt jedes Kind seine eigene Schatzkiste. Ich nutze dafür DINA4 Versandboxen. Ganz nach unten lege ich den Umschlag mit dem Zeugnis. Dieser Umschlag ist nur für die Eltern. Die Kinder bekommen stattdessen einen Brief von mir. Ich nenne ihn das “wahre Zeugnis”. Diesen Brief lege ich gemeinsam mit der Stärkensonne, besonderen Lernprodukten, Kunstbildern und dem Lernportfolio in die selbst gestaltete Schatzkiste.
Die Kinder und die Eltern lieben es, das Schuljahr mit der Schatzkiste abzuschließen und zu reflektieren. Viele sagen, dass sie manchmal noch kurz auf das Zeugnis schauen, aber es hat nach der Schatzkiste seine eigentliche Bedeutung verloren.
Reflexionsmethoden und Hilfsmittel
Du kannst verschiedene Reflexionsmethoden nutzen, um herauszufinden, was am besten zu deiner Lerngruppe passt. Für mehr Abwechslung ist es auch sinnvoll, immer wieder verschiedene Methoden und Hilfsmittel zu nutzen.
Hilfsmittel unterstützen die Kinder unter anderem dabei…
…ihre Gedanken zu strukturieren.
…die Reflexionen mit einem konkreten Beispiel zu belegen.
…ein Gefühl dazu zu beschreiben.
…die Äußerungen der Anderen besser zu verstehen und nachzuvollziehen.
Komm, wir schauen es uns gemeinsam im Detail an!
Reflexion mit der Daumenabfrage
Es gibt viele Varianten dieser Reflexionsmethode. Das Blitzlicht, das Ampel-Feedback oder das Stimmungsbarometer. Ziel dieser Methoden ist es, in möglichst kurzer Zeit ein Stimmungsbild in der Klasse abzufragen. Es ist also die kürzeste, aber auch die oberflächlichste aller Methoden. Meistens erreicht man keine tiefe Reflexionsebene und die individuelle Meinung jedes einzelnen Kindes hat keine Bedeutung.
Stelle deinen Schülern dazu eine Reflexionsfrage und die Kinder zeigen dir anhand der Daumenstellung (Daumen hoch, Daumen in der Mitte, Daumen nach unten) ihre Meinung.
Zum Beispiel: “Wie hat die Gruppenarbeit für euch heute geklappt?”
Ich nutze diese Form der Reflexion nie, weil sie mir viel zu oberflächlich ist. Wenn ich als aufmerksame Lehrerin in meinem Unterricht beobachte, dann kann ich mir das Ergebnis jeder Daumen-Abfrage im Vorfeld schon denken. Somit hat diese Reflexionsmethode keinen Nutzen, um die Bedürfnisse meiner Schüler besser kennenzulernen oder meinen Unterricht zu verbessern.
Leider ist es noch immer eine der gängigsten Reflexionen. Deshalb führe ich sie der Vollständigkeit halber auf.
Kommen wir nun aber zu den wirklich sinnvollen Reflexionsmethoden.
Reflexion mit Satzanfängen
Für diese Methode nutzt du Satzanfänge, die du für die Kinder auf Karten druckst. Du kannst sie in Kleingruppen oder im Plenum, zum Beispiel im Sitzkreis, durchführen. Die Satzanfänge bieten eine sprachliche Brücke, die das Reflektieren für die Kinder erleichtert. Durch die unterschiedlichen Impulse bekommen die Kinder verschiedene Ideen, worüber sie reflektieren können. Auch für Kinder mit sprachlichen Schwierigkeiten können die Satzanfänge eine wunderbare Unterstützung sein.
Beispiele für Satzanfänge
- “Ich habe gelernt, dass…”
- “Mir ist aufgefallen, dass…”
- “Es war schwierig, dass…”
- “Mir hat geholfen, dass…”
- “Besonders gut geklappt hat, …”
Diese Liste kannst du endlos fortsetzen, abhängig davon, was du in deiner Reflexion gerade brauchst. Lege dir eine solche Liste, z.B. in einer Excel-Tabelle, für deine unterschiedlichen Reflexionssituationen an, und füge neue Satzanfänge hinzu. So hast du immer Beispiele parat, wenn du sie brauchst. Die Satzanfänge kannst du dann z.B. an die Tafel schreiben oder auf Kärtchen für deine Schüler ausdrucken. Doch meine liebste Variante sind die Reflexionsfächer.
Reflexionsfächer
Du kannst dir ganz einfach Reflexionsfächer selbst bauchen, in dem du deine Satzanfänge ausdruckst und sie als Fächer zusammenheftest. So kannst du Reflexionen in Kleingruppen unterstützen, indem jede Gruppe einen Fächer bekommt.
Du kannst den Fächer aber auch als Differenzierung nutzen und ihn für Schüler ausdrucken, die Schwierigkeiten haben, sich sprachlich auszudrücken. Eine weitere Möglichkeit ist, den Fächer als Moderationsfächer an zwei Kinder auszuteilen, die die Reflexion anleiten. Sie lesen einen Satzanfang nach dem anderen vor und ihre Mitschüler dürfen sich zu den Satzanfängen äußern. Du siehst also: Reflexionsfächer sind ein wahres Multitalent.
Ich mag diese Reflexionsmethode sehr, weil sie zum einen durch die Satzanfänge zum Nachdenken inspiriert und zum anderen den sprachlichen Ausdruck unterstützt. Besonders in Form des Reflexionsfächers ist es meine liebste Methode, wenn es um eine kurze Reflexion geht.
Reflexion mit Impulskarten (Reflexionskarten)
Ähnlich wie bei der Variante mit den Satzanfängen nutzt du Karten mit unterschiedlichen Impulsen, um eure Reflexion zu strukturieren und die Kinder dabei zu unterstützen, die verschiedenen Aspekte einer Reflexion aufzugreifen. Wenn deine Schüler noch nicht sicher lesen können, rate ich dir zu Impulskarten mit Abbildungen oder zur Reflexion mit Bildern oder Gegenständen.
Lege einige Impulskarten in die Mitte des Sitzkreises. Nun kannst du die Kinder reihum reflektieren lassen. Du kannst darum bitten, dass sie sich melden und gegenseitig aufrufen oder du nutzt Muggelsteine. Dafür bekommt jedes Kind zwei Muggelsteine. Das Kind nimmt einen Muggelstein, legt ihn auf eine der Impulskarten und äußert sich dazu. Dann ist ein anderes Kind dran. Wer noch etwas sagen möchte, setzt den zweiten Muggelstein ein.
Reflexion mit Symbolen
Bei dieser Methode haben die Kinder viele Möglichkeiten, ihre Gedanken zu formulieren. Es wird selten eine Richtung oder Reflexionsfrage vorgegeben. Häufig benutzte Symbole sind ein Schlüssel, eine Feder, ein Stein, eine Glühbirne oder ein Fragezeichen. Ich empfehle die Symbole weniger für eine 1. oder 2. Klasse, da die symbolische, metaphorische Ebene für viele Schüler noch schwer zu greifen ist. Gut funktioniert diese Form der Reflexion mit älteren Schülern, die regelmäßig Unterrichtsinhalte und Lernprozesse reflektieren. Dann ist es auch eine gute Stütze, um über Emotionen in Zusammenhang mit dem Lernprozess zu sprechen.
Kennst du schon die Variante „Koffer und Tonne“?
Dafür nutzt die Symbole Koffer und Tonne.
Der Koffer steht für Wichtiges: „Das nehme ich (aus der Stunde) mit.”
Die Tonne für Unwichtiges: “Das kann weg.”
Die Schüler können sich zu den beiden Symbolen mit ihren Eindrücken und Erkenntnissen frei äußern, oder du lässt sie eine schriftliche Reflexion machen. Dazu bekommen alle Schüler jeweils eine Vorlage mit einem Koffer und eine mit der Tonne. Sie sollen nun auf jedem Blatt 1-3 Dinge notieren. Anschließend liest jedes Kind seine Aspekte vor und darf sie an der Tafel neben das passende Symbol hängen. Alternativ können die Kinder auch erst ganz frei reflektieren und ihr sortiert die Karten anschließend dem entsprechenden Symbol zu.
Reflexion mit Bildern und Gegenständen
Diese Methode eignet sich besonders für eine inhaltliche Reflexion, zum Beispiel am Ende einer Unterrichtseinheit. Lege passende Gegenstände oder Bilder zur Einheit in die Mitte des Sitzkreises und lasse die Kinder zunächst frei assoziieren. Als Ergänzung kannst du Impulse geben, wie:
Der große Vorteil der Methode ist, dass sie so anschaulich ist. Die Kinder sehen direkt den Unterrichtsgegenstand, auf den sie sich in der Reflexion beziehen. Die Bilder und Gegenstände regen dazu an, ihre Empfindungen mit konkreten Beispielen und Erlebnissen zu belegen.
Im Kreis liegt zum Beispiel eine Windhose (Unterrichtseinheit Wetter). Die Kinder reflektieren: „Ich fand es richtig schwer, eine passende Stelle für die Windhose zu finden. Wir haben Verschiedenes ausprobiert. Am Ende haben wir es geschafft, dass sie hoch genug hängt und von allen Seiten Wind abbekommt.” Oder: “Wir wollten den Wind messen. Mit der Windhose hat es nicht so gut geklappt, weil sie nur ungefähr zeigt, ob es windig ist oder nicht.”
Reflexion mit der Zielscheibe
Diese Methode eignet sich für eine Selbsteinschätzung im Hinblick auf das Arbeits- und Sozialverhalten. Du nutzt eine Zielscheibe, die du auf ein großes Plakat malen oder für eine mehrfache Verwendung laminieren kannst. Teile deine Zielscheibe in Viertel ein, um vier Kompetenzen/Bereiche abfragen zu können. Zeichne deine Zielscheibe so, dass vier Ringe entstehen. Die Kinder schätzen sich nun anhand der Frage (z.B. “Ich arbeite gut mit meinem Partner zusammen.”) selbst ein und platzieren einen Klebepunkt auf der Zielscheibe. Bei voller Zustimmung klebt der Punkt im inneren Kreis der Zielscheibe, je weniger Zustimmung, desto weiter außen wird der Punkt geklebt.
Mit dieser Methode förderst du die Kompetenz der Selbsteinschätzung der Kinder und bekommst gleichzeitig einen guten Gesamteindruck. Ich würde die Zielscheibe aufgrund der Komplexität frühestens ab Klassenstufe 4 einsetzen, da sich die Kinder in zwei Ebenen auf der Zielscheibe orientieren und die Selbsteinschätzung vornehmen müssen. Außerdem neigen gerade die Kleinen dazu, ihre Punkte dort zu kleben, wo die anderen ihre Punkte kleben.
Reflexion mit dem Lernportfolio
Diese Methode bietet sich für eine wöchentliche Reflexion sehr gut an. Ich nutze diese Form der Reflexion seit vielen Jahren schon ab der 1. Klasse. Das Lernportfolio wird vom Kind selbst geführt. Es dient der Reflektion des eigenen Lernprozesses und gleichzeitig der Dokumentation des individuellen Leistungsstandes. Ich nutze das Lernportfolio zusätzlich als Erinnerungs-Heft, in dem die Kinder über besondere Erlebnisse schreiben oder ihre Lernprodukte einkleben.
Du kannst bereits ab der ersten Woche nach der Einschulung beginnen. Die Kinder werden anfangs malen, später einzelne Wörter schreiben und letztendlich Sätze und Texte. Für den wöchentlichen Eintrag brauchen die Kinder mindestens eine Schulstunde Zeit und im Idealfall gibst du ihnen im Anschluss noch die Möglichkeit zum Austausch. Ich plane den Eintrag als festes Ritual freitags in der 3. Stunde ein.
Spezielle Reflexions-Situationen
Neben dem Einsatz im täglichen Unterricht können sich auch besondere Situationen für eine Reflexion anbieten. Stell dir vor, du hast eine Schülergruppe, in der es immer wieder Streit gibt. Setze dich mit den Kindern zu einer Reflexion zusammen.
Der Vorteil ist, dass die Kinder sich während der Reflexionsphase zunächst frei äußern können. Es wird nicht kommentiert, man hört den anderen zu. Das ist besonders für die leisen Kinder wichtig, die in einem Streitgespräch das Gefühl haben, sich nicht durchsetzen zu können. Erst nach der Reflexion geht ihr in den Dialog und versucht gemeinsam Lösungen zu finden.
Lernentwicklungsgespräche
Viele Lehrer und auch die Kinder fühlen sich in Lernentwicklungsgesprächen unwohl. Auch wenn das Wort sehr wohlwollend klingt, dienen die Gespräche dennoch einer mündlichen Bewertung des Kindes. Das Kind sitzt meist stumm als Zuhörer im Gespräch und die Lehrkraft berichtet den Eltern vom Lernstand des Kindes. Das Kind bekommt zu hören, was es schon kann und was es noch üben muss. Häufig fallen Sätze wie “Wir üben ja schon jeden Abend das Einmaleins.” oder “Auf Lesen hat sie einfach keine Lust.”.
Ich schlage vor, dass wir die Gespräche kindgerecht gestalten, sodass das Kind selbst den größten Nutzen aus dem Gespräch ziehen kann! Der Fokus solcher Gespräche sollte auf einer an den Stärken orientierten Reflexion liegen und, wenn überhaupt, nur zu einem sehr geringen Teil auf Diagnosen und Defiziten, die die Lehrperson erfasst hat.
Die Stärken der Kinder sind, wenn sie ihnen selbst bewusst und nicht nur durch Lob von außen konstruiert wurden, die persönlichen Kraftspeicher. Sie bilden eine Verbindung zwischen den Fähigkeiten (Kompetenzen) und den Interessen des Kindes. Durch eine an den Stärken orientierten Reflexion schaffen wir es, dass die Kinder sich wirklich wahrgenommen fühlen und bilden zugleich einen der größten Hebel für ihre persönliche Weiterentwicklung.
Bereite die Lernentwicklungsgespräche mit den Kindern vor, sodass jedes Kind seine Stärkensonne mit in das Gespräch nehmen kann. Im Gespräch selbst bist du die Moderation. Das Kind steht im Vordergrund. Nutze neben der Stärkensonne beispielsweise Impulskarten oder Satzanfänge für ein Gespräch über den aktuellen Leistungsstand.
Fazit
Was kannst du für dich und deinen Unterricht über Reflexion in der Grundschule aus diesem Beitrag mitnehmen?
Habe ich etwas Wichtiges vergessen, dass in keiner Reflexion mit deinen Schülern fehlen sollte? Dann schreib es mir in die Kommentare.
Deine Tatiana von Lehrerglück
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